Karl-Haberstock-Straße

Lage im Stadtplan

Empfehlung der Kommission:

Kontextualisierung. Am 28.11.2019 durch den Stadtrat bestätigt (BSV/19/03745-1).

Erläuterung: In den Augen der Kommissionsmitglieder soll auf die problematischen Aspekte in der Biographie Karl Haberstock hingewiesen werden. Die Kommission schlägt deshalb ein Ergänzungsschild mit folgendem Text vor:

Karl Haberstock (1878-1956) war Kunsthändler und Stiftungsvater der Karl-und-Magdalene-Haberstock-Stiftung. Unbeachtet bei der Straßenbenennung 1958 blieben seine Mitgliedschaft in der NSDAP (1933-1943) und seine Rolle in der nationalsozialistischen Kunstpolitik, etwa als einer der Haupteinkäufer für das geplante „Führermuseum“ im österreichischen Linz. (Stand 2019)

Kurzbiographie Karl Haberstock (1878-1956)
Geb. am 19.06.1878 in Augsburg, gest. am 06.09.1956 in München. Erst Banklehre, dann Konzentration auf den Kunsthandel. In der Zwischenkriegszeit einer der einflussreichsten Kunsthändler in Berlin. 1933 Eintritt in die NSDAP. Zunehmend aktive Rolle in der NS-Kunstpolitik. Intensive Geschäftskontakte zu Hitler und anderen NS-Größen. Nach Kriegsausbruch als Kunstsammler in den vom Deutschen Reich besetzten Gebieten tätig. Ansehens- und Bedeutungsverlust ab 1942. 1943 Austritt aus der NSDAP. Bis zu seinem Tod 1956 weiter als Kunsthändler und Mäzen in Augsburg tätig. Seine Witwe errichtete seinem Willen gemäß eine Stiftung (Karl-und-Magdalene-Haberstock-Stiftung im Schaezler-Palais), die seit 1957 von der Stadt Augsburg verwaltet wird.

Im März 1933 trat Haberstock in die NSDAP ein und wirkte in der Folge aktiv in der NS-Kunstpolitik. Ab Mai 1936 pflegte er intensive Geschäftskontakte zu Hitler, dem er zahlreiche Kunstwerke verkaufte, sowie zu anderen Nazi-Größen wie Goebbels, Göring oder Bormann. 1938 wurde Haberstock in die „Kommission zur Verwertung der beschlagnahmten Werke entarteter Kunst berufen“, äußerte - nach eigenem Bekunden - aber Bedenken gegen ihre Verbrennung und schlug (erfolglos) ihre Einlagerung in Museumsdepots vor. Es gelang ihm jedoch, Werke, etwa durch den Verkauf an Privatleute im Ausland oder die Rückgabe an Museen, vor der Vernichtung zu bewahren.

Seit 1940 agierte er als einer der Hauptlieferanten für das geplante „Führermuseum“ in Linz und war als solcher vor allem für das Auffinden von Sammlungen im besetzten Frankreich zuständig. Dort war er u.a. an der sogenannten „Arisierung“ der Galerie Wildenstein beteiligt. Er nutzte seinen Einfluss bei Hitler aber auch, um sich für einzelne Verfolgte des NS-Regimes (z.B. Hans Posse) einzusetzen. In den späteren Kriegsjahren verlor er als Kunsthändler an Bedeutung und trat 1943 auch aus der NSDAP aus.

Benennungsjahr: 1958

Literatur- und Quellenauswahl:

  • Artikel Haberstock, Karl, in: Grünsteudel, Günther u.a. (Hrsg.): Augsburger Stadtlexikon, Augsburg 1998, S. 465.
  • Keßler, Horst/Trepesch, Christof (Hrsg.): Karl Haberstock. Umstrittener Kunsthändler und Mäzen, München 2008.
  • Keßler, Horst: Der Kunsthändler als Opportunist. Karl Haberstock im „Dritten Reich“, in: Steinkamp, Maike/Haug, Ute (Hrsg.): Werke und Werte. Über das Sammeln von Kunst im Nationalsozialismus, Berlin 2010, S. 23-40.
  • Keßler, Horst: Die Karl-und-Magdalene-Haberstock-Stiftung in Augsburg, in: Häder, Ulf (Hrsg.): Museen im Zwielicht. Ankaufspolitik 1933-1945 (Kolloquium vom 11./12.12.2001 in Köln), Magdeburg 2002, S. 91-108.