Heide, Wasser, Kiefernwald: das Naturschutzgebiet Stadtwald Augsburg hat viel zu bieten

Das Naturschutzgebiet Stadtwald Augsburg ist mit einer Fläche von 2.160 Hektar eines der größten Naturschutzgebiete Südbayerns außerhalb der Alpen. Der Stadtwald Augsburg ist darüber hinaus eines der artenreichsten Naturschutzgebiete in Bayern. Er hat etwa 22 Quadratkilometer Ausdehnung und beherbergt über 3.000 Tier- und Pflanzenarten. Wer im Stadtwald unterwegs ist, stößt darüber hinaus unweigerlich auf zahlreiche Bäche und Kanäle.

Naturschutzgebiet

Das Naturschutzgebiet Stadtwald Augsburg beinhaltet auch die größten zusammenhängenden Restvorkommen von lichten Kiefernwäldern am Lech. Sie gelten aufgrund ihrer ökologischen Funktion sowie ihrer biogeographischen Einzigartigkeit als nationales Naturerbe. Etwa 80 Prozent der noch verbliebenen lichten Kiefernwälder und Heiden am bayerischen Lech befinden sich auf Augsburger Stadtgebiet. Im Stadtwald und der angrenzenden Königsbrunner Heide weiden Urwildpferde. Das aus den Steppen Zentralasiens stammende Przewalskipferd ist die letzte echte Wildpferdart. Im Freiland waren sie seit Ende der 1960er- Jahre verschwunden, konnten aber durch die Erhaltungszucht in zoologischen Gärten vor dem Aussterben gerettet werden.

Sie tragen mit ihrem Fraß- und Weideverhalten dazu bei, lichte Strukturen zu erhalten bzw. zu fördern und erhalten auf diese Weise die Artenvielfalt von Kiefernwald und Heide. Besonders in diesen offenen Waldstrukturen gedeihen selten gewordene Pflanzen wie beispielsweise die Schneeheide und diverse Orchideen. Auch für Insekten und Vögel bieten diese Strukturen einen perfekten Lebensraum.

Bitte denken Sie auch bei Ihrem nächsten Spaziergang durch den Stadtwald daran und betreten Sie blühende Heideflächen nicht abseits der Wege.

Natura 2000

Der Stadtwald Augsburg ist auch als "Natura 2000-Gebiet" ausgewiesen und damit ein Naturerbe von europäischem Rang. Die gesamte Fläche ist als sogenanntes Flora-Fauna-Habitat (FFH) Gebiet geschützt. Natura 2000 ist ein EU-weites Netz von Schutzgebieten zur Erhaltung gefährdeter oder typischer Lebensräume und Arten. Es leistet einen wichtigen Beitrag zum Schutz der biologischen Vielfalt in Bayern, Deutschland und der EU. NATURA 2000 beinhaltet auch die Schutzgebiete nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH), in der zu schützende Arten und Lebensraumtypen genannt werden.

Lechauen

Noch bis in das 19. Jahrhundert waren Lech und Wertach nahezu unverbaute alpine Wildflüsse. Mit ihren gewaltigen Hochwässern und den dabei mittransportieren Geröllmassen schufen sie eine unvorstellbare große Auenlandschaft, die zu den artenreichsten Lebensräumen in Mitteleuropa zählte. Dem ursprünglichen Lechtal kam zudem europaweite Bedeutung als „Biotopbrücke“ zwischen den Alpen und dem Flachland zu.

Für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten ist nachgewiesen, dass sie nach der letzten Eiszeit vor allem das Lechtal als Ausbreitungskorridor nutzten. Durch die ehemaligen Schwemmflächen des Lechs gibt es noch heute eine große Vielfalt alpiner Pflanzen (Samen werden mit dem Fluss transportiert) und kleinteilige Lebensräume. Die Verbauung des Wildflusses und der damit einhergehenden Verlust von Lebensräumen schränkt diese wichtige ökologische Funktion heute stark ein.

Die größten zusammenhängenden Reste auf der deutschen Seite dieser ehemaligen Flusslandschaft befinden sich auf Augsburger Stadtgebiet. Zwischen Augsburg und Königsbrunn gibt es noch großflächige Auwaldreste. So gibt es beispielsweise auf der Königsbrunnerheide ein großes Vorkommen von Sumpfgladiolen, die den feuchten lockeren Boden benötigen und nur in der Nähe von Gewässern wachsen.

Totholz

Totholz ist ein wichtiger Lebensraum in jedem Wald. Besonders stehendes Totholz ist essentiell für höhlenbrütende Vögel wie Spechte und Eulen. Spechthöhlen werden meist über viele Jahre von verschiedenen Tieren genutzt. Das morsche Holz bietet gleichzeitig eine wunderbare Nahrungsquelle für die Bewohner, denn unzählige Käfer, Spinnen, Asseln und andere biologische Zersetzer leben dort. Insofern ist es sehr wichtig, tote Bäume im Wald stehen zu lassen.

Aber auch nachdem ein alter Baum umgefallen ist, bietet er noch einen wichtigen Lebensraum. Jetzt übernehmen fast ausschließlich die tierischen, aber auch pflanzliche Zersetzer sowie Pilze. Erst nach vielen Jahren ist ein toter Baum vollständig „verbraucht“. Selbst dann bietet der frisch entstandene Humus einen Nährboden für neue Bäume.

Klimawandel

Der Klimawandel betrifft auch den Augsburger Stadtwald, denn auch in dieser Region werden Wettereignisse unregelmäßiger. Lange Trockenperioden und hohe Temperaturen im Frühjahr ändern die Bedingungen für Tiere und Pflanzen. Da Bäume nur langsam wachsen und lange Generationszeiten haben, können sie sich schlecht an die geänderten Bedingungen anpassen. Einige Arten leiden besonders darunter, wie zum Beispiel die Fichte.

Da sie ursprünglich aus niederschlagsreichen Bergwäldern kommt und nur sehr flache Wurzeln hat, kann sie schlecht mit Trockenheit umgehen. Ist ein Baum dann erstmal geschwächt, ist er auch anfällig für Schädlinge wie beispielsweise Borkenkäfer. Auch Stürmen hält die Fichte aufgrund ihrer flachen Wurzeln schlecht stand. Auch andere Arten leiden unter den zunehmenden Trocken- und Hitzephasen.

Das Zauberwort heißt daher Waldumbau. Struktur- und artenreiche gemischte Wälder sind widerstandsfähiger. Es gibt zwei Wege, um Wälder umzubauen:

  • Naturverjüngung: Hier nutzt man das natürliche Verjüngungspotenzial und die Vielfalt der Wälder. Entscheidend für den Erfolg der Naturverjüngung ist die Jagd. Daher wird die Jagdstrategie in den Stadtwäldern geändert und sukzessive auf Eigenbewirtschaftung umgestellt. Der Vorteil von Naturverjüngung ist, dass sich die Wurzeln uneingeschränkt entwickeln können und die Bäume besser wachsen und sich stabil im Boden verankern können. Den Großteil der Verjüngung in den Augsburger Stadtwäldern liefert die Natur von selbst.
  • Künstliche Verjüngung durch Pflanzung: Im Schnitt der letzten 10 Jahre wurden jährlich rund 120.000 Bäume gepflanzt. Die Naturverjüngung spielt aber eine zunehmende Rolle. Im Zeitraum davor wurden jährlich noch rund 200.000 Bäume gesetzt. Pflanzung ist vor allem dann notwendig, wenn keine geeigneten Samenbäume für die gewünschte Naturverjüngung zur Verfügung stehen, es die jagdliche Situation nicht zulässt oder Schadflächen durch Sturm oder Käfer entstehen.

Um die Wälder fit für den Klimawandel zu machen, ist es zudem wichtig, regelmäßige und zielgerichtete Pflegemaßnahmen durchzuführen. Durch die sogenannten Durchforstungen werden gewünschte Laubholz- und Tannenanteile sowie der Strukturreichtum der Wälder gefördert. Gemischte und strukturierte Wälder sind die beste Vorsorge dafür, dass der Augsburger Stadtwald die Herausforderungen des Klimawandels meistern wird.

 

Stadtwaldbäche – Was plätschert denn da?

Der Augsburger Stadtwald ist wesentlich geprägt von seinen Bächen und Kanälen. Das Fließgewässernetz im Stadtwald ist insgesamt rund 70 km lang. Die Augsburger Stadtwaldbäche werden in Quellbäche und Lechkanäle unterschieden.

Quellbäche

Quellbäche entspringen in Quellfluren und führen reines Grundwasser. Die Quellbäche sicherten über Jahrhunderte die Trinkwasserversorgung von Augsburg. Ein Beispiel ist der Brunnenbach im Stadtwald Augsburg. Er versorgte die Augsburger bis 1840 mit Trinkwasser. Auch auf dem Augsburger Prachtbrunnen am Rathausplatz ist er als eine der Brunnenfiguren verewigt. Quellbäche sind sehr sauber und sauerstoffreich. Seltene Tier- und Pflanzenarten leben in und an ihnen.

Lechkanäle

Die Lechkanäle werden mit Wasser gespeist, das heute an der Staustufe 22 aus dem Lech über den Lochbach ausgeleitet wird. Die Lechkanäle versorgten die Stadt mit Brauchwasser für das Handwerk. Zudem führten sie Wasser in den Stadtgraben, der für die Verteidigung der Stadt wichtig war. Die Lechkanäle, die über den Wald in die Stadt gelangten, waren entscheidend für die industrielle Entwicklung Augsburgs. Die Lechkanäle sind seit jeher aber auch ein wichtiger Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten.

Heute sind die beiden Bachsysteme – Quellbäche und Lechkanäle – nicht mehr streng getrennt. Sie sind aber nach wie vor wichtige Lebensadern der Stadt und prägen wesentlich Charakter und Lebensraum des Stadtwaldes.

Lech und Wertach – veränderte Lebensräume

Lech und Wertach sind die zwei großen Augsburger Flüsse. Als diese prägen sie auch die angrenzenden Waldlebensräume. Ursprünglich waren die flussbegleitenden Wälder richtige Auwälder, die bei Hochwasser regelmäßig überflutet wurden oder die im Grundwasser wurzelten. Durch die Nutzung der Wasserkraft sowie Hochwasserschutzmaßnamen und die damit verbundenen Begradigungen der Flüsse haben sich sowohl Wertach wie Lech immer stärker eingetieft. Dadurch sind die Grundwasserspiegel gesunken und die angrenzenden Wälder haben ihren ursprünglichen Auwaldcharakter verloren.

Dies verändert die Lebensräume und Arten in den beiden flussbegleitenden Wäldern. Diese Veränderung ist im Großen nicht mehr umkehrbar. Um aber zumindest teilweise wieder Auwaldbereiche zu schaffen und Lebensräume zu erhalten, gibt es in Augsburg zwei große Flussrenaturierungsprojekte. Im Projekt „Wertach vital“ wurde und wird die vielfach kanalisierte Wertach wieder in einen naturnahen Zustand versetzt. Das Projekt „Licca liber“ soll den Lech zwischen der Staustufe 23 (Mandichosee) und der Mündung renaturieren.