Neugestaltung der Bahnhofsvorplätze

Realisierungswettbewerb mit Ideenteil „Neugestaltung der Vorplätze und des Umfelds des Hauptbahnhofs Augsburg”

Der Augsburger Hauptbahnhof wird momentan durch den Bau einer unterirdischen Straßenbahnhaltestelle als Knotenpunkt zwischen dem städtischen, regionalen und überregionalen Verkehrsnetz ausgebaut. Auch seine Vorplätze und sein Umfeld sollen im Zuge der umfangreichen Baumaßnahmen funktional und gestalterisch neu geordnet werden. Ziel der Neuordnung ist eine Optimierung der zahlreichen Nutzungsansprüche sowie der Verkehrs- und Aufenthaltsfunktionen auf dem erweiterten Bahnhofsvorplatz.

Um für dieses, aus städtebaulicher Sicht äußerst bedeutsame Vorhaben die bestmögliche Lösung zu finden, entschied sich die Stadt Augsburg gemeinsam mit der DB Station & Service AG für die Auslobung eines europaweit offenen Realisierungswettbewerbs. Architekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner waren dazu aufgerufen, alternative Lösungsvorschlägen auszuarbeiten, die von einer unabhängigen Jury bewertet und prämiert wurden.

Ausgangssituation

Der östliche Vorplatz des Hauptbahnhofs wurde von der Stadt Augsburg zuletzt 1986 neu gestaltet. Heute wird er von seinen verkehrlichen Funktionen (Taxi- und Kurzzeitparkbereich und Haltestellen für die Regionalbusse) dominiert und weist kaum Aufenthaltsqualitäten auf.

Obwohl die Stadt bereits rund 400 Fahrradstellplätze in einer Radstation im benachbarten Bohus-Center geschaffen hat und 400 weitere Plätze im Fuggerstadt-Center vorgesehen sind, übersteigt die Nachfrage nach Fahrradstellplätzen deutlich das verfügbare Angebot. Dies hat zur Folge, dass die Fahrräder überwiegend „wild“ am Bahnhofsvorplatz und im Umfeld abgestellt werden.

Personen, die am Bahnhof ankommen und in die Innenstadt laufen möchten, finden keine klar erkennbare Verbindung zur Bahnhofstraße vor. Die Querung der stark befahrenen Viktoriastraße ist unzureichend ausgebildet und wird häufig seitlich umgangen.

Auch in der Bahnhofstraße selbst kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen Parksuch- und Anlieferverkehr. Die vorhandenen Gehwege sind zwar großzügig dimensioniert, aber aufgrund der hohen Fußgängerfrequenz insbesondere auf der Nordseite dennoch zu gering, um ausreichend große und attraktive urbane Nutzungen (Cafés, Auslagen etc.) anbieten zu können.

Auf der Westseite des Hauptbahnhofs ist bisher noch kein Bahnhofsvorplatz bzw. Anschluss an das neue Westportal vorhanden. Der Sebastian-Buchegger-Platz ist aufgrund der Einschränkungen durch die Parkierung und den Durchgangsverkehr in der Hörbrotstraße auf eine baumbestandene Verkehrsfläche ohne Aufenthaltsqualität reduziert.

Zielsetzungen

Der derzeit stattfindende Umbau des Hauptbahnhofs umfasst ausschließlich die Betriebsanlagen der Straßenbahn und deren bessere Verknüpfung mit dem Regional- und Fernverkehr.

Die Gestaltung der Bahnhofsvorplätze Ost und West sowie die ergänzende, am Hauptbahnhof erforderliche Verkehrsinfrastruktur (Busse, Taxis, Kurzzeitparken, Kiss+Ride, Fahrradparken etc.) wurde im Planfeststellungsverfahren bewusst nicht geregelt und ist daher Gegenstand des aktuellen Wettbewerbs.

Neben der optimalen Verknüpfung der unterschiedlichen Verkehrsmittel sind die Verbesserung der Aufenthaltsqualität und die Gestaltung des öffentlichen Raumes im Bahnhofsumfeld wesentliche Ziele des Wettbewerbs. Die Anbindung des Hauptbahnhofs an die Innenstadt soll gestärkt und der neue Bahnhofsvorpatz West in das Umfeld des denkmalgeschützten Thelottviertels integriert werden.

Im Zusammenhang mit der Neugestaltung des östlichen Vorplatzes bietet sich zudem die besondere Chance, ein neues „Entrée” in die Stadt zu schaffen, das Ankommenden einen ersten, positiven Eindruck von der Stadt Augsburg vermittelt.

Verfahren

Der Wettbewerb wurde am 3. Juni 2015 von der Stadt Augsburg gemeinsam mit der DB Station & Service AG als einstufiger, europaweit offener Realisierungswettbewerb mit einem Ideenteil ausgelobt.

Der Wettbewerb wurde mit zwei Preisgerichtssitzungen und einer dazwischengeschalteten Vorprüfung durchgeführt. In der ersten Preisgerichtssitzung am 16. Oktober 2015 empfahl das Preisgericht dem Auslober eine engere Wahl von Arbeiten. Anschließend entschied das Preisgericht in der zweiten Preisgerichtssitzung am 19. November 2015 über die endgültige Rangfolge unter Berücksichtigung der Ergebnisse der zwischengeschalteten Vorprüfung.

In die Jury wurden Persönlichkeiten berufen, die als Stadtplaner, Architekten, Landschaftsarchitekten und Verkehrsplaner über eine langjährige Erfahrung mit der Planung, Realisierung und Jurierung von öffentlichen Bauten und Räumen verfügen.

Insgesamt hatten sich 35 Architekten und Landschaftsarchitekten im Ideen- und Realisierungswettbewerb beworben. Alle Arbeiten, Pläne und Visualisierungen der Ideen wurden vom 20. November bis zum 4. Dezember 2015 öffentlich ausgestellt.

Ergebnis

Die eingereichten Arbeiten für die Ost- und Westseite des Hauptbahnhofs wurden getrennt voneinander beurteilt. Für den bestehenden Vorplatz im Osten und die Bahnhofstraße zeichnete die neunköpfige Jury einstimmig die Arbeit der Landschaftsarchitekten Atelier Loidl (Berlin) mit dem ersten Preis aus. Die vorgeschlagene Gestaltung der Gewinner sieht eine geschickte Bündelung der Verkehrsfunktionen in baumüberstandenen Zonen am nördlichen und südlichen Rand vor. Damit entsteht vor dem Empfangsgebäude des Hauptbahnhofs eine großzügige Platzfläche, die den Fußgängern vorbehalten ist. Lange Sitzbänke und der wiederaufgebaute Bechtelerbrunnen schaffen hier eine neue Aufenthaltsqualität.

Die Aufgabenstellung auf der Westseite des Hauptbahnhofs stellte sich als noch komplexer heraus. Die Wettbewerbsteilnehmer entwickelten für den Vorplatz vor dem Portal West und den Sebastian-Buchegger-Platz eine Vielzahl sehr unterschiedlicher Lösungen. Die Jury bildete eine Preisgruppe mit den drei besten Arbeiten. Alle drei Entwürfe schaffen durch städtebauliche Setzungen und zusätzliche Nutzungen jeweils einen besonderen Ort, der weit mehr darstellt als den reinen Westzugang zum Hauptbahnhof:

  • Die Arbeitsgemeinschaft LIMA Architekten (Stuttgart) / silands Landschaftsarchitekten (Ulm) / Prof. Bü Prechter Landschaftsarchitektin (München) ergänzt das geforderte Fahrradparkhaus durch ein Hotelgebäude auf der Südseite der Zufahrt.
  • Das Team Wunderle Architekten (Neusäß) / Adler+Olesch Landschaftsarchitekten (München) schlägt eine Überbauung des Westzugangs vor.
  • Der Entwurf von Schneider+Schumacher Architekten (Frankfurt) / WES Landschaftsarchitekten (Hamburg) schafft einen gemeinsamen Platzbereich, der sich vom Sebastian-Buchegger-Platz bis zum Westportal aufspannt.

Überarbeitung Entwürfe Vorplatz West

Aufgrund der besonderen Komplexität und zahlreichen Abhängigkeiten im Bereich des zukünftigen Vorplatzes West empfahl die Jury eine Überarbeitung der drei prämierten Entwürfe. In die überarbeiteten Wettbewerbsbeiträge sollten auch die Erkenntnisse aus der Diskussion im Preisgericht mit einfließen.

Darüber hinaus konnten sich bei der Überarbeitung der prämierten Arbeiten auch die Bürger mit einbringen. Die Arbeiten aus der Preisgruppe West wurden deshalb in der Zeit vom 18. Januar bis einschließlich 12. Februar 2016 im Flur des Stadtplanungsamtes und im Internet bereitgestellt. Interessierte Bürger waren dazu aufgerufen, Anregungen zu den einzelnen Wettbewerbsbeiträgen vorzubringen.

Bis zum 12. April 2016 hatten die beteiligten Architektur- und Landschaftsarchitekturbüros Zeit, ihre Entwurfskonzepte für die Gestaltung des Bereichs vom Westportal bis zum Sebastian-Buchegger-Platz zu optimieren. Am 26. April 2016 wurden die Arbeiten vom Preisgericht des vorangegangenen Wettbewerbs beurteilt. Das Preisgericht zeichnete dabei einstimmig die Arbeit des Planungsteams Schneider+Schumacher Architekten (Frankfurt a. M.) und WES Landschaftsarchitekten (Hamburg) mit dem ersten Preis aus.

Vom 28. April 2016 bis zum 13. Mai 2016 wurden die überarbeiteten Entwürfe im Flur des Stadtplanungsamtes ausgestellt.