„ZINS VON HÜTTEN UF WYHENNACHTEN“

EINE NEUENTDECKUNG IM STADTARCHIV BELEGT DEN AUGSBURGER CHRISTKINDLESMARKT BEREITS IM JAHR 1466

Rund 130 Buden voller adventlicher Genüsse und Geschenkideen, über eine Million erwartete Besucher - nach zwei Jahren Pause ist der Christkindlesmarkt zurück und prägt für fünf Wochen das vorweihnachtliche Treiben in der Stadt. In Augsburg hat das lange Tradition: Der Markt kann auf eine über 500jährige Geschichte zurückblicken und zählt damit zu den Ältesten in ganz Deutschland. Eine bislang unbekannte Quelle im Stadtarchiv belegt nun: Der Augsburger Christkindlesmarkt ist sogar noch früher belegbar als bislang bekannt!

Schon im Spätmittelalter wurden in der Vorweihnachtszeit um den Perlachturm und am Dom Stände aufgebaut, in denen den Augsburgern Lebkuchen zum Verkauf angeboten wurden. In der Reichsstadt lag die Herstellung des süßen Honiggebäcks in den Händen der Lebzelter, die als Fachleute für Honig und Bienenwachs neben der Lebkuchenherstellung auch mit dem Sieden von Met und dem Ziehen von Kerzen ihr Auskommen fanden. Bereits 1498 sind die verkaufstüchtigen Augsburger Lebzelter mit ihren Ständen in einem städtischen Ratsprotokoll schriftlich nachweisbar, der bislang der früheste Beleg für unseren Christkindlesmarkt! Doch eine Formulierung im Protokolleintrag macht stutzig. „Wie von Alter herkommen ist“, wurde der Lebkuchenmarkt schon damals abgehalten. So deutet die Quelle auch darauf hin, dass seine Ursprünge noch weiter zurückreichen mussten.

Doch wo könnte sich ein noch früherer Nachweis vorweihnachtlichen Lebkuchengenusses verbergen? Für die weitere Spurensuche enthielt der Protokolleintrag von 1498 ein leicht übersehbares, aber wertvolles Indiz. Damals diskutierte der Rat unter anderem die Festlegung einheitlicher Standgebühren für die Lebzelter. Die Erhebung solcher Abgaben an die Stadtkasse koordinierten seit 1466 die städtischen Einnehmer, deren Amtstätigkeit in mit Pergament und Leder eingebundenen und meist akribisch geführten Rechnungsbüchern dokumentiert ist. Und tatsächlich: Am 31. Dezember 1466 notierte der Amtsschreiber die Einnahme von 13 Pfund und 34 Pfennigen aus einem „Zins von Hütten uf Wyhennachten“. Der Eintrag selbst enthält zwar keinen direkten Hinweis auf den Verkauf von Lebkuchen. Im Einnehmerbuch des Jahres 1502 wurden die Abgaben jedoch bereits ganz konkret als Zinsen für die vor Weihnachten aufgestellten „Lebzelthütten“ verbucht. Es ist sehr wahrscheinlich, dass auch im Jahr 1466 Lebkuchen die wichtigste Ware der Verkaufsstände waren.

Ab 1504 ist der Lebkuchenverkauf jährlich in den Aufzeichnungen des reichsstädtischen Zinsmeisters aufgeführt. In den Einträgen wurde auch immer die Anzahl der jeweils aufgestellten Stände notiert. So ist nun auch belegt, dass dieser frühe Augsburger Christkindlesmarkt in schwankender Größe zwischen fünf und zwanzig Hütten bereits während des gesamten 16. Jahrhunderts jährlich wiederkehrend stattfand. Die im Stadtarchiv erhaltenen Aufzeichnungen der Einnehmer und Zinsmeister liefern damit nicht nur den frühesten Hinweis zum vorweihnachtlichen Handelstreiben in Augsburg. Sie beweisen auch die bemerkenswerte Kontinuität des Marktes während der frühen Neuzeit.