1.2 Der Streit ums liebe Brot

Man solle sich in „Liebe, Fried und Einigkeit betragen“ – so heißt es in den Ordnungen der Augsburger Fischer. Dass dem nicht immer so war, zeigt ein Vorfall aus dem Jahr 1587, welcher in den Verhörprotokollen des Stadtrats aktenkundig wurde.

Seit Generationen verdiente die traditionsreiche Augsburger Familie Pfefferlin ihr Brot mit dem Fischerhandwerk. Und so trat auch Georg Pfefferlin um das Jahr 1583 in die Fußstapfen seines Vaters. Seitdem spielte sich sein Leben vor allem zwischen Lech und Wertach, Fischgraben und Fischmarkt ab. Die Regelung von Fangmethoden, Zulassung neuer Fischer und Verkauf auf dem Fischmarkt sicherten den langfristigen Erhalt seines Wirtschaftszweiges. (a) (b) (c) Pfefferlin war stolz auf die alte Fischertradition seiner Familie – neue Mitglieder seiner Zunft beäugte er hingegen kritisch.

Der Fischer Zimprecht Weber hingegen war ein Quereinsteiger. Er hatte zunächst den Beruf des Webers erlernt, doch die Heirat mit der Fischerstochter Ottilie Sparrer eröffnete ihm ein neues Berufsfeld. Dem selbstbewussten Pfefferlin gefiel diese neue Konkurrenz um den besten Fang überhaupt nicht – schnell gerieten beide aneinander:

In die Stadtkanzlei werde er gehen und Weber zum Schelmen machen, drohte Pfefferlin, als der Streit eskalierte. Tags drauf – es ist der erste Sonntag im Monat März des Jahres 1587 – steht unangekündigter Besuch auf der Türschwelle der Familie Weber in der Jakobervorstadt. Zimprecht wird abgeführt und in die Fronveste – das Stadtgefängnis unterhalb des Rathauses – geschafft. Unerlaubtes Fischen im Brunnenbach und Diebstahl von Forellen und Barben aus fremden Fischkästen im Fischgraben lauten die Vorwürfe des Stadtrates.

Da Weber weiterhin in Haft standhaft seine Unschuld beteuerte, versuchte der Nachrichter dem Gefangenen gar unter Folter ein Geständnis zu entlocken. Doch der Beschuldigte blieb standhaft. Nachdem Pfefferlin seine Vorwürfe nicht mit Beweisen untermauern konnte, entließ man den vermeintlichen Missetäter aus der Haft. Um den Stadtfrieden wiederherzustellen, untersagte das Gericht nun auch Pfefferlin jedes weitere Ausstoßen von „Schmachworten“ gegen seinen Berufskollegen.

Der geschilderte Fall ist ein Beispiel dafür, wie rigoros in der frühen Neuzeit derartige Verstöße gegen die Fischerordnung und der Diebstahl von Nahrungsmitteln – schon im reinen Verdachtsfall – von den Zünften und der Stadt geahndet wurden.

Durch strenge Regelungen sollte der Fischbestand in den Augsburger Gewässern geschont werden. Doch gerade mit der fortschreitenden Industrialisierung im 19. Jahrhundert gingen die Bestandszahlen in Teilen stark zurück. So ist die Population der früher in großer Zahl gefangenen Stein- und Edelkrebse im Verlauf der letzten 150 Jahre bedrohlich geschrumpft. (e) (f) Gründe hierfür sind die Verschmutzung des Wassers durch die Industrie, die Zerstörung natürlicher Lebensräume durch Kanalisierung und Begradigungsmaßnahmen, sowie eine Dezimierung der Population durch eingeschleppte Krankheiten, z. B. die seit 1880 auftretende nordamerikanische Krebspest.

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