Fischreiches Augsburg

Schon die Römer profitierten von den reichen Fischbeständen in Lech und Wertach. Seit dem Mittelalter gewann der Verzehr von Fisch insbesondere als typische Speise während der strengen christlichen Fastenzeiten und als Delikatesse auf den Tafeln der Oberschicht in Adel und Klerus an Bedeutung. (d)

Im Hochmittelalter sicherte sich der Augsburger Bischof sämtliche Fischereirechte in den Gewässern des Augsburger Stadtgebiets und kontrollierte damit einen bedeutenden Teil der Lebensmittelversorgung in der Reichsstadt. Für die Weitergabe und Beaufsichtigung dieser Nutzbarkeiten wurde ein sogennanter „Ferge“ durch den Bischof belehnt. Von den Macht- befugnissen der Geistlichkeit konnten sich die Mitglieder der städtischen Fischerzunft erst lösen, als sie dieses Fergenamt im Jahr 1526 als Erbzinslehen erwarben. Seither übte die Zunft, der auch die Sägmüller und Flößer angehörten, alle zivilrechtlichen und gewerbepolizeilichen Aufgaben, die mit der Fischerei verbunden waren, selbst aus, auch wenn die Fischgewässer im Obereigentum des Bischofs blieben. Diese Regelung hatte noch bis 1862 Gültigkeit. Danach wurde die Fischerinnung aufgelöst und das Erblehen ins Privateigentum der letzten noch verbliebenen Stadtfischer übergeführt.

Gerspach, Kappmair, Lodweber, Claß, Weyß und Hiller hießen die Augsburger Fischer des 15. Jahrhunderts, um nur einige der über 40 Fischerfamilien dieser Zeit zu nennen. Manche Fischerdynastien – wie die Pfefferlin – brachten es durch ihr kaufmännisches Geschick zu bescheidenem Reichtum und erhielten als Zunftmeister Mitspracherecht im städtischen Rat. Insgesamt aber blieb der politische Einfluss der Augsburger Fischer gering.

Durch Fischereiordnungen regelten Rat und Zunft bereits früh den Fang und Verkauf von Fischen und Krebsen in der Stadt. (c) So entstanden bereits im ausgehenden Mittelalter grundlegende und wegweisende Instrumente nachhaltigen Wirtschaftens. Zeitliche Beschränkungen und genaue Vorgaben für die erlaubten Fangmethoden sowie eine strenge gerichtliche Ahndung von Ordnungsverstößen sollten eine Überfischung der Gewässer vermeiden. Auch die Verkaufszeiten und -orte wurden genau bestimmt. Die Stadtfischer verwahrten ihren Fang in mit Frischwasser versorgten Becken am Fischgraben bei der Barfüßerkirche (b), gemeinsame Verkaufsplätze existierten am nahegelegenen Fischertor und auch am Fischmarkt neben dem Rathaus.

Außerhalb des Stadtgebiets sorgten Verträge mit benachbarten Herrschaften für eine Abgrenzung der Fanggebiete in Lech, Wertach und den Stadtbächen, z. B. mit dem Kloster St. Ulrich, das am Lochbach Fischereirechte beanspruchte.

Von 46 Augsburger Stadtfischern im Jahr 1472 ging ihre Zahl im Verlauf der frühen Neuzeit kontinuierlich zurück. Mitte des 19. Jahrhunderts wurden hier nur noch vier Berufsfischer verzeichnet. In der Gegenwart lebt die Augsburger Fischerei als Freizeitsport wieder auf und hat ihren festen Platz im Augsburger Vereinsleben.