Interview mit Marcella Reinhardt, Vorsitzende des Regionalverbands Deutscher Sinti und Roma Schwaben e.V.
Liebe Frau Reinhardt, erzählen Sie uns doch bitte ein bisschen etwas zur Geschichte des Vereins: Wann wurde der Verein gegründet? Aus welchem Grund bzw. mit welchem Ziel wurde der Verein gegründet? Wie war die Anfangszeit des Vereins, vielleicht auch im Vergleich zum heutigen Vereinsleben?
Der Regionalverbandverband Deutscher Sinti und Roma Schwaben wurde 2016 gegründet.
Ziele sind, die (rechtliche) Gleichbehandlung aller Menschen - darunter auch Sinti und Roma. Viel zu lange waren Sinti und Roma nicht gern in der Mitte der Gesellschaft gesehen.
Einer der Höhepunkte der Vereinsgeschichte war die Einladung ins Augsburger Rathaus. (Idee und Planung von Frau Dr. Margret Spohn) Von diesen Tag an fing die Zusammenarbeit an. Während dieser Zeit haben wir viele wertvolle Freundschaften geschlossen und Pläne für die Zukunft geschmiedet. Auch wenn es manchmal schwierig war.
Wie viele Mitglieder hat der Verein aktuell? Wie ist die Entwicklung der Mitgliederanzahl?
Durch die vielen Anfragen von hilfsbedürftigen Menschen unserer Minderheit, haben wir einige Mitgliedschaften gewonnen. Eine genaue Zahl kann ich Ihnen dabei gerade nicht nennen.
Viele Vereine haben Nachwuchsprobleme. Das ist auch etwas, womit der Regionalverband zu kämpfen hat. Natürlich machen wir uns jeden Tag Gedanken über den Nachwuchs. Nur gleichzeitig trägt man auch eine Verantwortung für jeden Einzelnen, der im Verband tätig ist, da rechtes Gedankengut immer präsent in unserer der Nähe ist und Ängste wachsen.
Der Regionalverband ist ein sehr aktiver Verein. Was sind Ihre Anliegen als Verein? Was sind Ihre Hauptaktivitäten und Projekte?
Die höchste Priorität besitzt der Bildungsweg unserer Kinder. Noch immer werden Kinder unserer Minderheit mit dem Z-Wort in den Schulen betitelt und auch danach behandelt.
Dabei nicht zu vergessen ist die Aufklärungsarbeit für ein „Nie wieder“ bei allen Kindern und Jugendlichen unserer Region.
Daneben gehört die Unterstützung bei der Pflegeantragsstellung von Menschen im hohen Alter, darunter Holocaust-Überlebende, zu unseren wichtigsten Aufgaben.
Weiterhin kümmern wir uns um den Erhalt der Gräber von Holocaust-Überlebenden, die ihre letzten Ruhestätten gefunden haben. Jedes Grab trägt eine Geschichte mit sich, die nicht in Vergessenheit geraten darf. Diesbezüglich haben wir am Anfang des Jahres mit einem Projekt gestartet, dass von der Stiftung EVZ unterstützt wird.
Zusammen mit dem Landesverband Deutscher Sinti und Roma Bayern haben wir außerdem seit Juni 2023 über das Projekt „Respekt*Land“ eine Antidiskriminierungsberatung in Bayern eingerichtet. Die Anfragen und Bedarfe sind enorm hoch.
Sehr viel leisten wir auch, um unsere Kultur zu behalten, wie z.B. der Erhalt der Muttersprache „Romanes“. Auch ist Aufklärung unserer Herkunft ein wichtiges Thema. Immer noch verleugnen Kinder und Jugendliche unserer Minderheit ihre Identität, weil sie Angst haben ihren Job oder Ausbildungsplatz zu verlieren.
Wo sehen Sie derzeit die größten Schwierigkeiten für ihre Vereinsarbeit, was würden Sie gerne verstärkt angehen?
Zusammen gegen Rechts… meine große Sorge ist die Zukunft meiner Kinder (aller Kinder).
Wir müssen wieder Angst im eigenen Land haben. Wir sehen uns vordergründig als deutsche Staatsbürger mit einem kulturellen Hintergrund. Deutschland ist unser Heimatland.
Wie kann man Ihren Verein am besten unterstützen?
Mit guter Zusammenarbeit und Mittel und Spenden, dass wir Mitarbeiter beschäftigen können.
Wenn man mit dem Verein in Kontakt treten möchte, welche Möglichkeiten gibt es? Gibt es öffentliche Veranstaltungen etc.?
Wir sind in den sozialen Netzwerken (Facebook und Instagram), wie auch unter Regionalverband-Schwaben.de zu finden. Wir sind gerade dabei unser Netzwerk weiter aufzubauen.
Veranstaltungen gibt es dieses Jahr zusammen mit dem Büro gesellschaftliche Integration und dem NS – Doku-Zentrum München. Im ständigen Austausch stehen wir mit dem Kulturamt wegen Gedenkveranstaltungen, Dokumentationen und dem Lernort „Halle 116“. Weiterhin ist ein Kooperationsvertrag mit der VHS-Augsburg in Planung, wie auch Veranstaltungen mit der Stadtbibliothek und der Bezirk-Schwaben-Heimatspflege.
Frau Reinhardt, möchten Sie uns sonst noch etwas mitteilen und mit auf den Weg geben?
Ich danke dem ganzen Team des Büros für gesellschaftliche Integration und ganz besonders Frau Dr. Margret Spohn. Ohne euch hätte es diesen Start nie gegeben.
Ganz herzlichen Dank für das Interview!
Wer mehr über den Regionalverband Deutscher Sinti und Roma Schwaben e.V. erfahren möchte, findet ausführliche Informationen unter: www.regionalverband-schwaben.de