Das Spiel zwischen Licht und Schatten und das Kind im Blick – Augsburger Kita-Delegation erlebt spannende Einblicke in die Reggio-Pädagogik während ihrer Studienreise

Die Reggio-Pädagogik aus der gleichnamigen Gemeinde Reggio Emilia ist ein besonders innovatives, ganzheitliches Bildungskonzept, das auch für die Kitas der Stadt Augsburg ein Leuchtturmbeispiel darstellt. Fünf städtische Kitas sind zudem Reggio-zertifiziert und mit der eigenen AuMida orientiert sich das Amt Kindertagesbetreuung auch nach dieser pädagogischen Ausrichtung.

So war es ein besonderes Highlight für die elf Pädagoginnen, sich vor Ort im Rahmen einer Studienreise drei Tage lang mit Präsentationen, Vorträgen, Workshops und Hospitationen in den Kitas und einer Grundschule einen authentischen Eindruck zu verschaffen.

Die Stadt Reggio Emilia liegt zentral in der italienischen Poebene und hat rund 172.000 Einwohner.

In den 60iger-Jahren wurde der erste Reggio-Kindergarten eröffnet, 1971 die erste Krippe.

Heute gibt es 47 Reggio-Kitas in der Gemeinde, davon sind 21 Kindergärten und 12 Krippen.

Von der Partizipation bis zum vielfältigen Materialeinsatz – die Grundlagen

Das vielfältige Material, das Atelier, der Dialog mit der Stadt, die Partizipation, das Bild vom Kind und die Rolle des Erwachsenen sind zentrale Grundlagen der Reggio-Pädagogik. Die Psychologin und Pädagogin Valentina Violi, die als Koordinatorin für zwei Kindergärten und eine Krippe arbeitet, hat gleich bei der Einführung betont: „Wir sprechen von einem Erziehungskonzept, für uns gibt es keine fertiggestellten Rezepte. Für uns ist es ein Erfahrungsprozess, der immer wieder neu hinterfragt wird. Ständig entwickeln wir daraus neue Aktionen im Bereich Bildung und Erziehung“.

Die 100 Sprachen des Kindes – in der Auseinandersetzung mit sich und der Welt

Kinder haben unendlich viele Ausdrucksmöglichkeiten, in ihrer verbalen Sprache genauso wie im Umgang mit anderen, mit Materialien und den unzähligen Alltagssituationen. Die Reggianer sprechen hier von den 100 Sprachen eines Kindes – dabei geht es ihnen nicht nur um die eigene Wissensproduktion, sondern auch um das Selbst in Bezug zum Anderen.

Das Kind wird dabei als kreativ handelnde Person gesehen, die sich das eigene Wissen aufbaut, Vertrauen entwickelt und der Welt mit neuen Erfahrungen begegnet und diese ebenso facettenreich entdeckt.

Die pädagogischen Fachkräfte sind dabei gefordert, diese Bedürfnisse und Interessen feinfühlig wahrzunehmen und eine entsprechende Material- und Raumumgebung zu schaffen. Dabei kommen ganz unterschiedliche Materialien im Einklang miteinander: von Experimenten zwischen Schatten und Licht genauso wie mit dem Beobachten und Gestalten von digitalen Mikroskopen.

Das Ineinandergreifen von ganzheitlichen Bildungsbereichen und das selbstverständliche Agieren von traditionellem Material genauso wie modernem Medienequipment fasziniert die Augsburger Delegation immer wieder aufs Neue.

Die Remida – der kreative Recyclingort als pädagogisches Herzstück

Wie erwachen Abfallprodukte zu neuem Leben? Die sogenannte Remida am Stadtrand von Reggio beherbergt einen riesigen Fundus an Wegwerfmaterialien genauso wie an Industrieabfällen. Firmen und Privatpersonen spenden hier große Mengen an scheinbar wertlosem Material – die Kitas können hier kostenlos Materialen für ihre vielfältige pädagogische Arbeit wiederverwenden: von bunten Stoffen bis zu leeren Garnspulen.

Das Pendant dazu hat die Stadt Augsburg mit ihrer AuMida seit 2015 installiert, das sich in Gestaltung und Konzeption an diesem Konzept orientiert und bundesweit eine Inspiration für verschiedene Delegationen ist.

Von der inneren Haltung bis zur gelebten Partizipation: Impulse für die Augsburger Kitas

Die Pädagoginnen der städtischen Kitas nehmen zahlreiche Inspirationen mit in ihre Bildungseinrichtung mit. So betont die Leitung der städtischen Kita Eichlerstraße, Mareen Lachmann-Ramm: „Die innere Haltung und nicht das Material macht es aus! Sie strahlen eine Ruhe aus und nehmen sich Zeit!“

Christiane Anlauf leitet die städtische Kita Josef-Felder-Straße und ist von der Leidenschaft und der Leichtigkeit des Personals beeindruckt. „Die überzeugte Haltung der Erzieher und das einfach-strukturierte Material, das einen großen Aufforderungscharakter bietet, finde ich sehr inspirierend. Das live vor Ort zu sehen und die eigene Haltung kritisch zu hinterfragen, hilft auch mir, nicht betriebsblind zu werden."

Auch Ramona Schneidmadl, die als Erzieherin die städtischen Großtagespflegen koordiniert, findet den Perspektivwechsel sehr fruchtbar: „Es ist eine Philosophie für sie und trotzdem gucken sie über den Tellerrand hinaus und integrieren andere pädagogische Ausrichtungen.“