Zwetschgendatschi anno 1830

Ein Rezept im Augsburgischen Kochbuch der Sophie Weiler

Der Augsburger Zwetschgendatschi ist heute eine typische Spezialität der bayerisch-schwäbischen Hauptstadt. Als Sophie Weiler 1787 ihr Augsburgisches Kochbuch veröffentlicht, verweist sie im Register auf Rezepte für Kuchen, Plätzle, Tatschi und dergleichen. Dem heute üblichen Zwetschgendatschi kommt allerdings noch keine Rezeptur wirklich nahe.
Im Jahr 1830 publiziert Jacobine Weiler anstelle ihrer verstorbenen Mutter einen zweiten Band des Standardwerks der Augsburger Küche. Aus den hinterlassenen Papieren der Sophie Weiler findet darin auch ein Rezept für Kuchen von frischen Zwetschken mit Hefenteig Platz, dessen Beschreibung unseren heutigen Vorstellungen von einem Datschi aus lockerem Hefeteig und saftigen Zwetschgen entspricht.

„Kuchen von frischen Zwetschken mit Hefenteig."
Hiezu ist gleichfalls der bereits wiederholt beschriebene Hefenteig* erforderlich. Ist dieser zweymal gegangen, und gut Daumen dick ausgewargelt, nach diesem aber ein Blech mit oder ohne Rand, welches mit Schmalz oder Butter dick geschmiert und mit Semmelbröseln ausgestreut ist, gelegt; der Teig muß dann wieder ein wenig aufgehen, worauf die Zwetschken in Viertel oder Hälfte geschnitten, ausgesteint, recht dicht aneinander gelegt, aber ja nicht in den Teig eingedrückt werden. Die Zwetschken werden mit gewiegten Citronenschalen, gewaschenen geklaubten Weinbeeren, nebst Zucker und Zimmt, oder nur mit Zucker und Zimmt und Nägeln bestreut, der Kuchen schön rösch gebacken, und sogleich, wenn er vom Blech ist, wieder mit Zucker und Zimmt bestreut. Wer es liebt, kann vor dem Backen gewiegte Mandeln darauf streuen.

* Hefenteig
Zwey Mäslein oder 12 Eßlöffel voll Mehl kommen in eine Schüssel, in der Mitte wird eine Vertiefung gemacht, in diese ein Eßlöffel voll dicke frische Hefe, mit einer Oberkaffeeschale voll lauwarmer Milch gethan, und ein Hefel angerührt. Dieser wird schön glatt geklopft, dann der Löffel rein gemacht, auf die Schüssel gelegt, ein reines Tuch darüber gedeckt, und in eine gleiche Wärme gestellt. Bis dieser Hefel schön geht, verrühre 4 Loth Butter, oder die Hälfte Butter, die Hälfte gutes Schmalz mit 2 Eyer recht schön, und so wie der Hefel hübsch gestiegen ist, wird die Butter und die Eyer hinzugethan, ein wenig gesalzen, und vollends nach und nach zu einem glatten dicken Teig mit lauer Milch angemacht und so lange geschlagen, bis er sich vom Löffel schält, dann wird er wieder wie vorher zugedeckt, und abermals in die Wärme bis er schön gegangen ist, gestellt.

Augsburgisches Kochbuch, Teil 2

Das vorliegende Exemplar des Augsburgischen Kochbuchs (Teil 2) wurde ursprünglich von der Kaufmannsgattin Friedricke Caroline von Heuser erworben. Diese vermachte das Buch ihrer Tochter Mathilde Dubois. Aus deren Nachlass gelangte es 1913 in den Besitz der Schwiegertochter und Kommerzienratsgattin Emma Dubois geb. Gollwitzer. Vermutlich von dort kam das Stück schließlich in die Amtsbibliothek des Stadtarchivs. Mit handschriftlichen Ergänzungen von Rezepten am Ende des Bandes gaben die Besitzerinnen dem Buch ein eigenes Gesicht.


Portrait der Sophie Juliane Weiler

In Obersontheim bei Schwäbisch Hall geboren, gelangt Sophie Weiler mit ihrem Ehemann Johann Daniel Gotthilf Weiler (1743-1805) nach Augsburg, als dieser 1772 zum ersten Diakon an die Barfüßerkirche berufen wird. Ihr 1787 veröffentlichtes „Augsburgisches Kochbuch“ wird bald zum Kassenschlager. Als die Tochter Jacobine 1830 einen zweiten Band des Werkes veröffentlicht, verlegt die Joseph-Wolffische Verlagsbuchhandlung den Küchenklassiker bereits in der 18. Auflage.