Von Brausen und Wannen – Badeanstalten

Im Zuge der Aufklärung setzte ein Umdenken in puncto Körperhygiene ein. Da der Großteil der Bevölkerung keinen Zugang zu Badeanlagen mit fließendem Wasser hatte, wurden auf Drängen von Medizinern ab der Mitte des 19. Jahrhunderts Badeanstalten errichtet. Sie sollten vorrangig der persönlichen Körperhygiene der Bevölkerung dienen und boten daher hauptsächlich Brause- und Wannenbäder. Träger solcher Badeeinrichtungen waren zunächst vor allem Wirtschaftsunternehmen. Ab 1870 errichteten alle großen Industriebetriebe Augsburgs eigene Fabrikbäder. Diese standen jedoch nur den jeweiligen Arbeitern offen. Vergleichbare Hygieneangebote für die breite Öffentlichkeit fehlten noch.
 
Um diese Versorgungslücke zu schließen, wurde an der Wende des 19. zum 20. Jahrhundert die Stadtverwaltung tätig.
 
Die Stadt Augsburg eröffnete 1894 ein Volksbrausebad in der Langenmantelstraße

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und 1900 ein weiteres Volksbad in der Jakobervorstadt. Durch die Verteilung der Bäder sollte möglichst die Versorgung des gesamten Stadtgebiets erreicht werden. Zudem zeugt die Lage der beiden Volksbrausebäder in der Nähe der Arbeiterviertel von der Zielgruppe des städtischen Hygieneangebots: Mit abgestuften Preisen und angepassten Öffnungszeiten stellte man sich vor allem auf Kundschaft aus der Arbeiterschicht ein.

Wegen der Nähe zu den Arbeiterquartieren hatte man sich in bei den Planungen zum Bau eines Volksbrausebades für die Wertachvorstadt in den frühen 1890er Jahren letztlich gegen einen Umbau des alten Waschhauses am Wertachbruckertor und für einen Neubau neben der Polizeistation in der Langenmantelstraße entschieden. Die Baukosten dieses ersten Augsburger Volksbads betrugen 30.000 Mark. Ausgestattet war es mit 9 „Badezellen“ für Männer und 5 für Frauen. Obwohl ein Duschbad 10 Pfennig und ein Wannenbad 20 Pfennig kostete, nutzten jährlich rund 30.000 Bürger das Angebot. Schon 1899 plante man daher eine Erweiterung. Die Pläne wurden jedoch nicht umgesetzt. Stattdessen errichtete man 1900 ein weiteres, ebenso großes Volksbrausebad in der Oblatterwallstraße vor dem Jakobertor.

Dennoch war der Bedarf der Augsburger noch immer nicht gedeckt. Zudem verlangte der Zeitgeist inzwischen nach Badeanstalten „[…] welche die doppelte Bestimmung hatten, auch im Winter die Annehmlichkeit eines Schwimmbassins und für die minder bemittelten Klassen eine thunlichst billige Badegelegenheit zu bieten.“ So wurde in Augsburg die Vision eines Stadtbades nach dem Vorbild anderer europäischer Großstädte geboren! Planung und Umsetzung zogen sich auf Grund von Finanzierungsschwierigkeiten rund ein Jahrzehnt hin. Erst durch großzügige private Spenden verschiedener Augsburger Familien konnte der Bau letztlich realisiert werden. Das neue Stadtbad eröffnete am 1. März 1903. Augsburg war, neben München und Nürnberg, eine der ersten bayerischen Großstädte mit einem architektonisch und technisch hochmodernen Volksbad, welches neben Brausebadkabinen zur persönlichen Hygiene auch Schwimmhallen zur sportlichen Ertüchtigung bot.