Dr. Josef Schuster erhält Augsburger Friedenspreis 2025

08.08.2025 09:51 | Pressemitteilungen

Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland wird für seinen Einsatz für Verständigung, Toleranz und den Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus ausgezeichnet

  • Bekanntgabe beim Augsburger Hohen Friedensfest am 8. August
  • Im Rahmen der großen Friedestafel auf dem Rathausplatz
  • Auszeichnung im Sinne der Parität von Religionen, Konfessionen und Kulturen
  • OB Eva Weber: „Preisträger mit großer Strahlkraft für die kritische Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus“
  • Jurypräsident Dekan Frank Kreiselmeier: „Auszeichnung betont Bedeutung einer unmissverständlichen Stimme für Menschlichkeit“
  • Differenzierung: Nahost-Konflikt und jüdisches Leben vor Ort
  • Informationen zum Friedenspreis und zum Hohen Friedensfest

Den Augsburger Friedenspreis 2025 erhält der Mediziner und Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Dr. Josef Schuster. 

Oberbürgermeisterin Eva Weber gab den Preisträger am heutigen 8. August im Rahmen der Feierlichkeiten zum Augsburger Hohen Friedensfest bei der großen Friedenstafel auf dem Augsburger Rathausplatz bekannt. Das Augsburger Stadtoberhaupt erklärte: „Dr. Josef Schuster engagiert sich seit Jahren gegen Rassismus und Antisemitismus. Kraft seines Amtes ist er Vertreter und Sprachrohr der in Deutschland lebenden Menschen jüdischen Glaubens und damit eine unerlässliche Stimme für den interreligiösen Dialog und das gesellschaftliche Zusammenleben. Sein Wirken trägt dazu bei, das jüdische Leben sichtbar zu machen und Brücken zwischen unterschiedlichen Perspektiven zu bauen. Das passt in besonderer Weise zu den Zielen dieses Preises.“ 

Preis zeichnet Verdienste um tolerantes, friedliches Miteinander aus
Der Friedenspreis wird seit 1985 an Menschen verliehen, die sich die sich im Sinne der Gleichstellung von Konfessionen, Kulturen und Religionen um ein tolerantes und friedliches Miteinander verdient machen. „In diesem Geist ist auch die diesjährige Entscheidung getroffen worden“, so OB Eva Weber. Sie führt weiter aus: „Während es in der Augsburger Paritätsgeschichte vor 375 Jahren nicht gelungen ist, das Judentum gleichberechtigt neben Katholizismus und Protestantismus mit einzubeziehen, ist das jüdische Leben heute ein lebendiger und unverzichtbarer Teil unserer Stadt und unseres Landes. Gleichzeitig erleben wir aktuell, dass eben dieses jüdische Leben in Deutschland wieder verstärkt unter Druck gerät. Antisemitismus nimmt spürbar zu – im Digitalen und Analogen. Das erfüllt uns mit Sorge. Der Schutz dieses Lebens ist gerade vor dem Hintergrund der Shoa unsere bleibende Verantwortung. Daher ist es unsere Pflicht, jüdisches Leben nicht nur zu schützen, sondern aktiv gegen Antisemitismus einzutreten.“

Unzählige Male die Stimme gegen Hass und Hetze erhoben
Dekan und Juryvorsitzender Frank Kreiselmeier unterstrich: „Dr. Schusters Wirken ist geprägt von einer tiefen Überzeugung, dass Frieden und Gerechtigkeit nur durch gegenseitigen Respekt und die Anerkennung der Würde jedes Einzelnen erreicht werden können. Fein, nuanciert und weise trennt er die verschiedenen Ebenen von Staatlichkeit und Religion und bleibt dabei ganz authentisch. Er hat unzählige Male seine Stimme gegen Hass und Hetze erhoben und sich aktiv für eine Erinnerungskultur eingesetzt, die Lehren aus der Vergangenheit zieht und zukünftige Generationen für die Gefahren von Intoleranz und einseitiger Berichterstattung sensibilisiert.“ 

Mitglieder der Friedenspreisjury 2025
Die Friedenspreisjury setzt sich zusammen aus Vertreterinnen und Vertretern aus Kirche, Politik und Gesellschaft. Ihr gehören die folgenden Mitglieder an:

  • Eva Weber, Oberbürgermeisterin der Stadt Augsburg
  • Frank Kreiselmeier, Evangelisch-Lutherische Kirche, Dekanat Augsburg
  • Oberkirchenrat Stefan Blumtritt, Landeskirchenamt München
  • Prof. Dr. Bernd Oberdorfer, Universität Augsburg
  • Dr. Dr. Anton Losinger, Weihbischof Diözese Augsburg
  • Alexandra Caspari, Alt-Katholische Kirche
  • Prof. Dr. Kerstin Schlögl-Flierl, Universität Augsburg
  • Dr. Carmen Reichert, Leiterin Jüdisches Museum Augsburg Schwaben
  • Dr. Herbert Veh, ehem. Landgerichtspräsident
  • Dr. Thomas Weckbach, Rechtsanwalt

Warnung vor Vorverurteilungen 
Mit Blick auf die aktuelle politische Lage und den Krieg im Nahen Osten betont Oberbürgermeisterin Eva Weber, „dass wir deutlich unterscheiden müssen zwischen der Politik des Staates Israel und dem jüdischen Leben in Deutschland. Diese Unterscheidung ist für mich grundlegend. Die humanitäre Katastrophe im Gazastreifen ist unermesslich, das Leid vor allem der Kinder unerträglich. Aber so groß dieses Leid auch ist – es darf nicht instrumentalisiert werden, um Hass gegen Menschen jüdischen Glaubens hierzulande zu rechtfertigen. Sie tragen keine Verantwortung für die Politik der israelischen Regierung. Wer ihnen diese Verantwortung zuschreibt, öffnet Antisemitismus Tür und Tor. Deshalb ist es so wichtig, genau hinzusehen, zu differenzieren und jeder Form von Pauschalisierung oder Vorverurteilung entgegenzutreten.“

Preisverleihung mit Laudator Dr. Norbert Lammert im November
Die Stadt Augsburg vergibt den Preis Augsburger Friedensfest seit 1985 im dreijährigen Rhythmus gemeinsam mit der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern. Aufgrund des 375jährigen Jubiläums des Hohen Friedensfestes wird der Friedenspreis heuer außerhalb der Reihe verliehen. Der mit 12.500 Euro dotierte Preis zeichnet Persönlichkeiten aus, die sich um ein tolerantes und friedvolles Miteinander der Kulturen und Religionen verdient gemacht haben. Wer den Preis erhält, wird immer am 8. August, dem Tag des Augsburger Hohen Friedensfestes, verkündet. Die feierliche Preisverleihung findet jeweils im Herbst, heuer im November, statt. Die Laudatio übernimmt Dr. Norbert Lammert, ehemaliger Präsident des Deutschen Bundestages. 

Bisherige Preisträgerinnen und Preisträger

  • 1985: Hermann Kunst, deutscher Militärbischof
  • 1988: Chiara Lubich, Rom, Gründerin der Fokolarbewegung
  • 1991: Nathan Peter Levinson, Landesrabbiner von Hamburg und Schleswig-Holstein
  • 1994: Richard von Weizsäcker, Altbundespräsident
  • 1997: Alfons Nossol, Erzbischof in Oppeln/Polen
  • 2000: Sumaya Farhat-Naser, Friedensvermittlerin im Westjordanland
  • 2003: Helmut Hartmann, Gründer des Forums Interkulturelles Leben und Lernen (FILL)
  • 2005: Michail Gorbatschow, Friedensnobelpreisträger 1990 und früherer Staatschef der Sowjetunion sowie Christian Führer, Pastor der Leipziger Nikolaikirche
  • 2008: Hassan bin Talal, Prinz von Jordanien und ehemaliger Präsident des Club of Rome
  • 2011: Papst Schenuda III. von Alexandrien, Oberhaupt der Koptischen Kirche
  • 2014: Lea Ackermann, Missionsschwestern Unserer Lieben Frau von Afrika und Gründerin der international tätigen Organisation SOLWODI
  • 2017: Martin Junge, Pfarrer, Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes (LWB)
  • 2020:  Erzbischof Reinhard Kardinal Marx (München/Freising) und Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, EKD-Ratsvorsitzender
  • 2023:  Katrin Eigendorf, Journalistin.

Hintergrund zum Augsburger Hohes Friedensfest
Im Zuge des Dreißigjährigen Krieges wurde den Protestantinnen und Protestanten der Stadt Augsburg am 8. August 1629 die Ausübung ihres Glaubens untersagt. Erst im Westfälischen Frieden 1648 erlangten sie die Gleichstellung mit der Römisch-Katholischen Kirche, die bereits 1555 im Augsburger Religionsfrieden formuliert worden war. In Erinnerung an den Tag ihrer Unterdrückung feierten die Protestantinnen und Protestanten 1650 erstmals am 8. August das Augsburger Hohe Friedensfest, das seither an diesem Tag begangen wird. 1948 verankerte es der Bayerische Landtag in Art. 1 Abs. 2 Bayerisches Feiertagsgesetz als lokalen Feiertag im Stadtkreis Augsburg. Seit 1950 ist das Friedensfest ein in Deutschland einmaliger, gesetzlicher Feiertag. Seit 2018 ist das Augsburger Hohe Friedensfest offiziell bayerisches Kulturerbe, Ende 2018 nahm es die UNESCO auch in das bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes auf. 2019 schließlich erhielt Augsburgs Feiertag den Heimatpreis Bayern für besondere Verdienste um Heimat, Kultur und Brauchtum.

Gemeinsam Platz nehmen, essen und feiern
Die Stadt Augsburg feiert das Hohe Friedenfest jedes Jahr mit einem vielfältigen kulturellen, stadtgesellschaftlichen Rahmenprogramm. Zu den Höhepunkten zählt dabei die große Friedenstafel auf dem Augsburger Rathausplatz. Sie findet in diesem Jahr zum 22. Mal statt. Alle Bürgerinnen und Bürger wie auch Gäste der Stadt sind eingeladen, Platz zu nehmen und mitgebrachte Speisen und Getränke miteinander zu teilen und auszutauschen. Vertreterinnen und Vertreter der verschiedenen Religionen schicken dabei Friedensgrüße in die Welt. Zur Tradition des Friedensfestes gehört auch das Kinderfriedensfest, das im Anschluss im Botanischen Garten, im Augsburger Zoo und im Umweltbildungszentrum gefeiert wird.