Julius Graf (1896-1952) – Ein Augsburger berichtet von der Rumänischen Front

Viele tausend Augsburger kämpften im Verlauf des Ersten Weltkrieges an den Fronten in Frankreich und Belgien im Westen sowie in Galizien und Serbien, in Russland und Rumänien im Osten. Die intensiven Eindrücke an der Front prägten die jungen Soldaten oft ein Leben lang. Das Erleiden unmenschlicher Grausamkeiten, aber auch die Erlebnisse mit der der fremden Bevölkerung und Kultur im „Feindesland“, hielten viele Augsburger in Feldpostbriefen, Fotografien und Tagebüchern fest.

Zu den Augsburger Tagebuchschreibern zählt auch Julius Graf. Am 5. März 1896 in Stuttgart geboren, siedelte er mit seiner Familie im April 1905 nach Augsburg über. Der Sohn eines Fabrikdirektors kam dort in den Genuss höherer Bildung am Realgymnasium. Kurz nach dem Abitur meldete sich Julius als Kriegsfreiwilliger. Nach Fronteinsätzen in Frankreich und Galizien wurde Graf im Oktober 1916 nach Rumänien versetzt. Von dort informierte er seine Familie immer wieder mit tagebuchähnlichen Aufzeichnungen über seine Erlebnisse an der Front. So schrieb Julius überwältigt vom Einmarsch in Budești am 26. November 1916:
In Budesti fanden wir die erste rumänische Zivilbevölkerung. Alle Ortschaften, in denen wir früher waren, waren geräumt, aber jetzt rückten wir so fest nach, daß dies nicht mehr möglich war. Überall hatten die Einwohner weiße Fetzen vor ihren Häusern auf Stecken gehißt, um sich vor uns sicher zu stellen. Aber trotzdem mußten überall die herumlaufenden Tiere, Schweine, Rinder, Spanferkel, Hühner, Enten daran glauben. Auf jedem Geschütz hingen sie dann herunter. Die Berittenen hingen ihre Beute zu beiden Seiten des Sattels herunter und gingen zu Fuß. Infanterie, alles schoß nach dem Vieh, oder warf danach. Man war im reinsten Infanterie-Feuer, alles suchte nach Beute und abends hatte jeder Mann sein Huhn im Topfe. Es war zum totlachen. Beschreiben kann man das gar nicht. Die Einwohner standen nur da und waren froh, dass es ihnen selbst nicht an den Kragen ging. Äpfel, Nüsse, Eier, alles wurde mitgenommen. Wir waren im reinsten Schlaraffenland.

Auch schwierige Etappen ließ Graf in seinen Schilderungen nicht aus. Er schrieb am 23. Dezember während harter Gefechte bei Riminicu Sarat:
Den ganzen Tag saßen wir wieder in unserem Erdloch wie Ölgötzen und froren wie ein Hilfslehrer, zudem bekamen wir einen Teil der Schüsse ab, die auf eine andere Beobachtungsstelle gingen, obwohl sie nicht mehr besetzt war. Abends gingen wir wieder in die Ortschaft zurück. Ich hatte wirklich genug. Den Augustus auf dem Augustbrunnen oder gar das Brunnenbubele konnte es auch nicht mehr frieren als mich.

Die eindrucksvollen Notizen Julius Grafs gelangten Dank einer Schenkung seiner Tochter Inge Rhomberg in das Stadtarchiv Augsburg. Ebenfalls sei Frau Dr. Heike Lammers-Harlander und der Bibliothek des Gymnasiums Donauwörth für die Leihgabe der weiteren gezeigten Ausstellungsobjekte gedankt.