Wasser – eine todbringende Gefahr

Tod durch Ertrinken war nicht nur in der Reichsstadt Augsburg eine der häufigsten und gefürchtetsten Unfallursachen. Vor allem das eiskalte und schnell fließende Wasser in den Kanälen des Lechviertels sowie mangelnde Schwimmkenntnisse ließen kaum Überlebenschancen. Die Körper der Verunglückten verfingen sich meist in den Rechen der Mühlen. Nach der Bergung war es dann die Aufgabe des jeweils amtierenden Bürgermeisters, zusammen mit den städtischen Ärzten den Tod festzustellen und die Identität des Opfers sowie den Unfallhergang zu klären.

Erst im Zusammenhang mit der Scheintoddebatte in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wandelte sich die Einstellung gegenüber den Unfallopfern. In der aufgeklärten Ärzteschaft diskutierte man lebhaft über die erfolgreichsten Wiederbelebungsmaßnahmen. Georg Friedrich Gutermann (1705–1784), seit 1741 in Augsburg Mitglied des Collegium Medicum und Vater der berühmten Schriftstellerin Sophie La Roche (1730–1807), begann bereits im August 1751 den Augsburger Rat für das Thema zu sensibilisieren. Er bezog sich dabei auf den aktuellen Fall einer ertrunkenen Bäckersmagd in seiner Nachbarschaft. Deren Dienstherr hatte Gutermanns angebotene Hilfe verweigert und ihn stattdessen verspottet.

Auf Veranlassung des Rats musste sich zunächst das Collegium Medicum mit dem Thema befassen und legte im September 1751 eine Liste mit sechs Rettungsmaßnahmen vor. Dabei beschränkte man aber deren sinnvolle Anwendung auf die erste Viertelstunde nach Auffinden des Opfers und distanzierte sich damit von Gutermanns zeitlich sehr viel weiter reichenden Vorschlägen. Dieser konnte jedoch bald weitere Stadträte aus dem Kreis der Ratskonsulenten von seinen Argumenten überzeugen. Der Augsburger Rat veröffentlichte schließlich am 29. Janur 1756 ein Dekret zur Rettung Ertrunkener „aus angestammter Menschen=Liebe und Statt=Vätterlicher Vorsorge“. (a)

Damit zählte Augsburg zu den frühesten Orten in Deutschland, die in dieser Thematik aktiv wurden. Weitere Wasserrettungsorganisationen entstanden zeitnah in Amsterdam (1767) und England (Society for the Recovery of Persons Apparently Drowned, 1774) und trugen allmählich zur Verbreitung von Wiederbelebungstechniken bei.

Mit einer Erneuerung des Augsburger Dekrets im Jahr 1771 und der Herausgabe von detaillierten Rettungsverordnungen (c) wollte man vor allem die an den Lechkanälen wohnenden Bürger zur Mithilfe anregen. Doch es zeigte sich, dass die meisten Leute weiterhin beim Anblick der Ertrunkenen von Furcht und Grauen erfasst wurden und passiv blieben. Mit Prämien für Rettungserfolge versuchte der Rat gegenzusteuern. Im Jahr 1804 kam es - nach dem Vorbild Hamburgs und auf Initiative des Bürgermeisters Christian Michael Fischer - schließlich zur Gründung einer Augsburger Rettungsgesellschaft. Gründungsmitglieder waren 36 Bürger, vor allem Kaufleute und Ärzte beider Konfessionen. Tragbahren, Decken, Wärmflaschen und dergleichen wurden von der Gesellschaft an die Torwachposten verteilt, die im Notfall für die praktische Umsetzung verantwortlich waren. Die Rettungsgesellschaft finanzierte sich über Mitgliedsbeiträge und übernahm auch die Auszahlung der Prämien.

Heute erfüllen u. a. die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) des Kreisverbands Augsburg / Aichach-Friedberg e. V. (gegr. 1921) und die Augsburger Wasserwacht (gegr. 1946) die lebenswichtigen Aufgaben des Schwimmrettungswesens.