1.3 Wasser macht Diebe!

Ein eigener Wasseranschluss war in früheren Zeiten ein besonderer Luxus – und ein Objekt für Manipulationen! Berichte über mutwillige Veränderungen der zustehenden Wassermenge oder unerlaubtes Anzapfen des Rohrnetzes für den Eigenbedarf sind immer wieder aktenmäßig belegt. Ein besonders schwerwiegendes Delikt war jedoch der Diebstahl von Wasserhähnen. Auch Johann Weissing wurde dabei 1713 ertappt.

Anders als zeitgleich auftretende „Bösewichte und Nachtdiebe“ hatte der 32jährige, ehemalige Straßenbauarbeiter allerdings aus bitterer Not gehandelt. Seit zwei Jahren immer wieder arbeitslos, verwendete er den Erlös seiner fünf gestohlenen Messinghähne, um die Versorgung seiner Familie mit Grundnahrungsmitteln zu decken. So entging er auch aus Gnade der sonst üblichen schweren Strafe. Die Wasserhähne, die er am Tag nach seinem Diebstahl an den Pferseer Juden Seligmann um den Spottpreis von 24 Kreuzer verkauft hatte, waren inzwischen beim Augsburger Glockengießer Brandmayr wieder sichergestellt worden.

An allen Teilungen der unterflor verlegten hölzernen Rohrnetze für die städtische Wasserversorgung befanden sich sog. Hahnen bzw. Wirbel aus Messing (a), die nur mit Holzdeckeln gesichert waren. So konnten die Augsburger Brunnenleute hier bequem Wartungsarbeiten durchführen, ohne das jeweilige Straßenpflaster entfernen zu müssen. In einer Aufstellung des Jahres 1746 zählte der Brunnenmeister Caspar Walter insgesamt 918 solcher Hahnen. Sie wurden im 18. Jahrhundert vom Augsburger Stadtglockengießer gefertigt und sämtlich mit der „Stadtpyr“ (Zirbelnuss) als reichsstädtisches Eigentum gekennzeichnet.

Buntmetalle wie Messing stellten einen hohen Wert dar und der bequeme Zugriff lockte immer wieder Diebe an. Ein bei der Entwendung von 14 Messinghahnen im Jahr 1783 entstandener Verlust wurde beispielsweise auf 300 Gulden geschätzt. In regelmäßigen Abständen publizierte Dekrete (1737, 1742, 1783 etc.) (b) wiesen nicht nur auf den materiellen Schaden hin, sondern auch auf die Unfallgefahren für Menschen und Pferde, besonders nachts, da die Diebe oft die Abdeckungen ebenfalls entwendeten. Vor allem in kalten Wintern waren letztere als billig besorgtes Heizmaterial ein Objekt der Begierde. Für die Ergreifung der Täter wurde eine Belohnung von 20 Reichstalern ausgesetzt. Ausdrücklich appellierte der reichsstädtische Rat dabei auch an die Angehörigen der Stadtgarde, die Nachtwachen und die „feuerarbeitenden Handwerke“ zur Tätersuche. Trotzdem konnte man solchen Dieben nicht immer habhaft werden.

Ein weiteres, andauerndes Problem stellte auch die mutwillige Veränderung der zugeleiteten Wassermengen dar. Über sog. „Wasserbriefe“ konnten seit dem 16. Jahrhundert Haus- eigentümer gewisse Bezugsmengen bei der Stadt erwerben. Durch Anbohren des Zulaufrohrs oder durch Erweitern der unter den Straßen versenkten Teilungsgruben war die Austrittsmenge des Nutzwassers aber sehr leicht zu manipulieren. Laufende Wartungsarbeiten an den Wasserleitungssystemen und Prüfung der bewilligten Durchlaufmengen bei den Endabnehmern (sog. „Wassereicht“) machten seit dem 16. Jahrhundert einen nicht unerheblichen Teil der Arbeit eines Augsburger Brunnenmeisters aus. Sie bildeten auch einen hohen Kostenfaktor in den Jahresrechnungen des reichsstädtischen Baumeisteramts.

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