Industrialisierung, sozialer Konflikt und politische Willensbildung in der Stadtgemeinde

Band 24

Ilse Fischer

Dieser Band der Schriftenreihe des Stadtarchivs Augsburg vermittelt einen umfassenden Eindruck von den politischen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen des Industrialisierungsprozesses in Augsburg im 19. Jahrhundert. Den ersten Rang in der Augsburger Wirtschaft nahm zunächst die Textilindustrie ein. Die Maschinenbauanstalten stellten dazu eine wichtige Ergänzung dar, da sie die Belieferung mit Turbinen und Dampfmaschinen am Ort selbst ermöglichten. Diese beiden auch später in Augsburg dominierenden Industriezweige ließen die Stadt zu einem bedeutenden bayerischen Industriezentrum werden.

Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts strömten Tausende arbeitssuchender Menschen aus der näheren und weiteren Umgebung in die Augsburger Fabriken und trugen so zu einem raschen Ansteigen der Bevölkerungszahl bei. Produktions-stätten, verbunden mit eigenen Arbeitersiedlungen sowie die Bedürfnisse des modernen Verkehrs verwandelten das traditionelle Augsburger Stadtbild. Die Indu-strialisierung sprengte das alte Sozialgefüge und bewirkte tiefgreifende Veränderungen in der Bevolkerungs- und Sozialstruktur. Die Untersuchung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Augsburger Arbeiterbevölkerung läßt er-kennen, wieviel politischer Konfliktstoff sich, hier im Laufe der Zeit allein durch die Beschaffenheit der sozialen Verhältnisse ansammelte. Denn der wirtschaftliche Aufschwung wurde in den ersten Jahrzehnten auch mit aus unserer Sicht zum Teil unmenschlichen Arbeits- und Lebensbedingungen erkauft. Die Industrialisierung brachte Eingriffe in traditionelle Verhaltensweisen: Der alte ökonomisch fundierte, patriarchalische Fami-lienverband löste sich weitgehend auf und wurde allmählich durch die moderne Kleinfamilie ersetzt. Die nicht existenzfähigen Handwerker mußten in die Fabriken abwandern.

Ein umfangreicher Abschnitt des Buches widmet sich der Rolle der politischen Parteien und Verbände in Augsburg und ist insofern auch für die Aufhellung der Parteiengeschichte von Bedeutung besonderes Interesse gilt dabei der Geschichte der Augsburger Arhei-terbewegung. Wahlanalysen, die Beschreibung von Arbeitskonflikten und die Untersuchung kommunaler und privater Maßnahmen zur Lö-sung, der sozialen Probleme vervollständigen das Bild der Augsburger Gesellschaft zwischen 1840 und 1914.

Ilse Fischer, die in Erlangen bei Professor Walther Peter Fuchs mit sehr gutem Erfolg promovierte, konnte für ihre Untersuchung neben den umfangreichen Aktenbeständen des Augsburger Stadtarchivs auch Unterlagen von Augsburger Firmenarchiven einschert und auswerten. Ihre Forschungsergebnisse dürften nicht nur von sozialgeschichtlicher Bedeutung sein, Sondern durch die Fülle an informativen Details und die leicht verständliche Form der Darstellung sowohl den historisch und politisch interessierten Laien als auch den Augsburger Geschichtsfreund ansprechen.

erschienen 1977

Preis: 14,80 €