Die Integration Augsburgs in den bayerischen Staat (1806–1821)

Band 34

Rosemarie Dietrich

Durch den Artikel 13 des Preßburger Friedens vom 26.12.1805 wurde die Freie Reichsstadt Augsburg dem eben errichteten bayerischen Königreich zugesprochen, was die bereits vorhandenen Stützpunkte Bayerns in Ostschwaben komplettierte und womit ein seit langem aus wirtschaftlichen, strategischen und finanziellen Aspekten begehrtes Objekt Teil des bayerischen Staates wurde. Dessen seit 1799 amtierende Regierung unter Führung des Grafen Maximilian Joseph von Montgelas erkannte das Gebot der Stunde und setzte sich die Modernisierung des Staates mit Hilfe eines anspruchsvollen, möglichst alle Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens umfassenden Reformprogramms zum Ziel, was beträchtliche Umwälzungen zur Folge hatte, die nun auch Augsburg betrafen.

Die Arbeit behandelt ausgehend von der immer schwieriger werdenden Situation Augsburgs an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert die gegenläufigen Interessen und Aktivitäten der Beteiligten, die der Me-diatisierung vorausgingen, und untersucht schließlich die »Verarbeitung« dieser Erwerbung, nämlich die Integration eines bisher völlig selbständigen, anders gearteten Herrschaftsgebiets - eben der Freien Reichsstadt Augsburg - in den neuen bayerischen Staat, der sich selbst noch in einer Aufbau- und Experimentierphase befand.

Die Analyse zeigt im einzelnen die Mittel und Methoden des Integrationsprozesses, beleuchtet andererseits aber auch die Grenzen und Probleme, auf die die administrativen Aktivitäten der neuen Herrschaft stießen: Der am meisten ausgereifte Apparat von Justiz und Polizei konnte ohne nennenswerten Widerstand oktroyiert werden. Im noch weitgehend vorläufigen und deshalb in ständigem Wandel begriffenen Bereich der Gemeindeverwaltung fanden örtliche Sonderwünsche trotz entschiedener Befürwortung durch den Stadtkommissar kein Gehör an allerhöchster Stelle. In manchen Bereichen, wie z. B. dem besonders umfangreichen und komplizierten Bauwesen, nahm man allerdings auch auf örtliche Besonderheiten Rücksicht. Auf die Wirtschaft konnte trotz zahlreicher Einzelmaßnahmen nicht der von allen Seiten erhoffte hilfreiche Einfluß ausgeübt werden, hier bedurfte es umfassenderer Lösungen, als sie der bayerische Staat zu diesem Zeitpunkt anbieten konnte. Als besonders integrationsresistent erwiesen sich die durch die konfessionelle Parität geprägten Strukturen - die 158 Jahre lang reichsrechtlich sanktionierte Parteiung des öffentlichen und privaten Lebens überdauerte alle politischen Veränderungen. Am meisten umkämpft war schließlich die Verteilung der finanziellen Rechte und Pflichten, hinsichtlich derer das jahrelange zähe Ringen der Augsburger beträchtliche Verbesserungen der weit überzogenen ursprünglichen bayerischen »Ertragserwartungen« bewirken konnte.

Wenn sich also auch nicht alle Erwartungen realisieren ließen, die von bayerischer Seite mit dieser Erwerbung verknüpft waren, so hatte der bayerische Staat doch im vorliegenden Fall das unter den gegebenen Umständen Bestmögliche gemacht. Für Augsburg erwies sich dieser Vorgang trotz aller schmerzlichen Veränderungen und Verluste als ein in die Zukunft weisender Akt, denn die im Untersuchungszeitraum geschaffenen Einrichtungen und durchgeführten Veränderungen erwiesen sich in fast allen Bereichen - zumindest in den Grundstrukturen - bis in die Gegenwart hinein als prägend.

erschienen 1993

Preis: 14,00 €