Die Flößerei

Bis ins 20. Jahrhundert kam der Flößerei auf allen größeren, aber auch kleineren schiffbaren Flüssen eine außerordentliche Bedeutung zu. Ein umfangreiches Netz an Wasserwegen ergänzte die Transithandelsstraßen auf dem Land und ermöglichte einen billigeren und schnellen Transport von Rohstoffen und Gewerbeerzeugnissen. Dabei boten v. a. die Donauzuflüsse Isar, Iller und Lech den optimalen Anschluss an die großen Handelswege, die über die Alpen verliefen.

Zahlreiche Händler, Spediteure, Handwerker und Arbeiter fanden in diesem Berufsfeld ihren Lebensunterhalt – sei es in der Beförderung einzelner Stämme und Holzscheite aus den Wald- und Gebirgsregionen flußabwärts (sog. „Trift“) oder durch den Warentransport auf gebundenen Holzflößen.

Seit der Römerzeit wurden auch in Augsburg Lech, Wertach und Lechkanäle als wichtige Verkehrsadern zum Transport von Baumaterialien (Holz, Tuffstein, Kalk und Gips), zur Beschaffung von Brennholz für die florierenden Handwerksbetriebe und zur Versorgung der Stadt mit Handelsgütern (u. a. Wein, Baumwolle etc.) genutzt. Zahlreiche Privilegien und Verträge mit den Anrainern regelten seit dem Mittelalter Nutzungs- und Durchfahrtsrechte, Transportmengen, Gebühren und Löhne für die in der Holztrift und Frachtflößerei tätigen Personen. Dem enormen Bedarf der Reichsstadt am Rohstoff Holz versuchte das Augsburger Proviantamt durch den eigenen Ankauf von Wäldern am mittleren und oberen Lech zu begegnen. Durch die Lechtriften gelangten im 16. Jahrhundert von Stanzach / Tirol bzw. Füssen aus jährlich bis zu 350.000 Hölzer nach Augsburg.

Während die Holztrift auf dieser 175 Flußkilometer langen Strecke wegen hoher Kosten und häufiger Uferschäden allmählich unrentabel wurde, blieb die Handels- und Frachtflößerei noch bis zum Eisenbahnausbau ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. In den 1840er Jahren passierten jährlich über 4.500 Flöße und „Flitschen“ (Kleinflöße) die Floßgasse am Hochablass. Noch 1912 wurde dort ein neuer Floßhafen gebaut, wenngleich dieses Transportgewerbe einige Jahre später ihr Ende fand.

Nachdem die Flöße eine dreiteilige steile „Rutsche“ am Hochablass passiert hatten, erreichten die Handelsgüter über den Floßbach – den heutigen Hauptstadt- und Kaufbach – die Augsburger Stadtmauern. Die Waren konnten von dort zum Roten Tor und über den Proviantbach vor das Jakobertor herangetriftet werden, wo sich auch große Holzlagerplätze befanden. Weitere Floßländen an der unteren Bleiche/Schäfflerbach oder am Schwibbogen/Sparrenlech sorgten für den innerstädtischen Weitertransport der Güter. Noch heute erinnert die Ortsbezeichnung „Im Elend“ an diese alte „Anlände“-Stelle der Augsburger Flößer.