Olympia 1972 – gesehen durch die Kamera von Fred Schöllhorn.

Wie kein zweiter Fotograf dokumentierte der langjährige Pressefotograf der „Augsburger Allgemeinen“ Fred Schöllhorn das öffentliche Leben in Augsburg. Auch die spannende Geschichte um den Bau der weltweit ersten künstlichen Kanuslalomstrecke und die dort stattfindenden olympischen Wettkämpfe des Jahres 1972 hat Fred Schöllhorn vom Anfang bis zum Ende mit einer Fülle von Aufnahmen festgehalten. Das Stadtarchiv ist stolz darauf, diese wertvolle Überlieferung jetzt in seinem Bestand zu wissen. Die nachfolgend gezeigten Aufnahmen, mit denen wir an den olympischen Sommer in Augsburg erinnern, sind eine kleine Auswahl aus diesen fotografischen Schätzen.

1968 reichte die Stadt Augsburg ihre Bewerbung für die Wettkämpfe im Kanuslalom beim Organisationskomitee für die XX. Olympischen Spiele in München ein. Die rund zwanzigjährige Tradition in der Veranstaltung von Wettkämpfen in dieser Disziplin auch auf internationaler Ebene, die im Vergleich zu München weitaus günstigeren wasserbaulichen Gegebenheiten und nicht zuletzt das generöse Verhalten von Münchens Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel führten schließlich mit der Entscheidung des IOC vom 13.05.1970 zum Erfolg. Angesichts der kurzen Vorbereitungszeit und den hohen Ansprüchen – sollte doch, ähnlich wie in München, hier ein vollkommen neuer gestalterischer Wurf gelingen – hatte Augsburg schon vor der offiziellen Zusage wasserbauliche Versuche beim MAN-Werk Gustavsburg in Auftrag gegeben. Trotzdem war der Zeitdruck enorm. Nach dem offiziellen Spatenstich am 20. Juli 1970 begannen Anfang August die Bauarbeiten. Schon am 23. Mai 1971 konnte die neue Strecke ihrer Bestimmung übergeben und mit einer Erstbefahrung in Betrieb genommen werden.

Mit dem Internationalen Kanuslalom am 21./22. Aug. 1971 fand dann der erste Testlauf für die Olympischen Spiele statt. Die Herausforderungen der neuen Strecke waren im Vergleich zu natürlichen Gewässern ganz andere, zumal an den senkrechten Spundwänden des Kanals die Wellen reflektiert wurden.

Der anspruchsvolle Charakter der Augsburger Kanustrecke ließ damals übrigens auch bei den Kanuten aus der DDR die Alarmglocken läuten. Um die Erfolgschancen der ostdeutschen Mannschaft, die 1972 erstmals mit eigener Hymne und Flagge auftrat, zu erhöhen, entschied sich die DDR-Sportsleitung für einen vereinfachten Nachbau der Augsburger Anlage in der Zwickauer Mulde als Trainingsstrecke – mit den bekannten Folgen.

Die Tage der Wettkämpfe waren gekommen. Nach den Eröffnungsfeierlichkeiten in München traf die Olympische Flamme am 27. August 1972 auf dem Rathausplatz in Augsburg ein und wurde am folgenden Tag von Karl Heinz Englet – selbst ein erfolgreicher Kanufahrer – zum Ort des Geschehens am Eiskanal weitergetragen.

Der 28. und 30. Aug. 1972 standen ganz im Zeichen der Wettkämpfe in dem nassen Element, die ca. 60.000 Zuschauer anzogen – weitaus mehr als ursprünglich erwartet. Für die westdeutsche Equipe verliefen die Läufe – Kajak-Einer, Canadier-Einer, Canadier-Zweier (sämtlich Herren) und Kajak-Einer der Damen – enttäuschend: Sämtliche Gold-Medaillen gingen an die Sportlerinnen und Sportler der DDR. Die Gastgeber mussten sich mit zweimal Silber im Canadier-Einer, Canadier-Zweier und Silber und Bronze im Einer-Kajak der Damen „begnügen“.

Mit den Olympischen Spielen von 1972 war die Geschichte des Kanuslaloms am Eiskanal nicht zu Ende – sie begann gerade erst. Durch die anschließende Umwandlung zum Bundesleistungszentrum für Kanuslalom und Wildwasser gewann die Anlage dauerhaften Bestand und erfreut sich weltweit, aber natürlich auch in Augsburg, allgemeiner Berühmt- und Beliebtheit.