Stadt leistet „Umzugshilfe“ für Theater-Fledermäuse

30.10.2018 16:42 | Pressemitteilungen

Für die streng geschützten Tiere werden neue Quartiere in Verwaltungsgebäuden geschaffen Zusammenarbeit mit Fledermausschutz Augsburg e.V.

Umweltreferent Reiner Erben und Claudia Weißschädel haben „Fridolin“ einen Besuch abgestattet. Der flugunfähige Abendsegler wohnt auf dem Dachboden des Verwaltungsgebäudes. Mit seinen Lockrufen soll er seine Artgenossen zum baldigen „Umzug“ von ihrem Theater-Quartier zu ihm an den Rathausplatz animieren. Im Raum Augsburg gilt dieses Fledermausschutz-Projekt als einzigartig. Bildnachweis: Ruth Plössel, Stadt Augsburg

  • Projekt arbeitet mit Fledermaus-Lockrufen
  • Experten nennen Aktion als etwas „ganz Besonderes“

Nach dem Bundesnaturschutzgesetz sind alle heimischen Fledermausarten streng geschützt. Ihre Quartiere dürfen weder beschädigt noch zerstört werden. Andernfalls ist für adäquaten Ersatz zu sorgen. Dies ist zum Beispiel auch mit Blick auf die Theatersanierung zu beachten: Im Dachstuhl des Verwaltungsgebäudes an der Kasernstraße haben sich zahlreiche Fledermäuse eingenistet. „In freier Natur finden die Tiere immer weniger warme und störungsfreie Plätze. Deshalb sind für sie Kirchen, alte Scheunen oder Dachböden alter Gebäude willkommene Alternativen“, sagt Umweltreferent Reiner Erben.

Weil das Verwaltungsgebäude des Theaters für einen Neubau weichen muss, werden in Zusammenarbeit mit dem Fledermausschutz Augsburg e.V. bereits jetzt neue Quartiere geschaffen und die Tiere zum „Umzug“ animiert. Dazu geben zwei Fledermausquartiere Hilfestellung, die sich jeweils im Dachstuhl des Gesundheitsamtes sowie des städtischen Verwaltungsgebäudes am Rathausplatz befinden.

Lockrufe sollen zum „Umzug“ animieren

In beide Dachstühle wurden Anfang Oktober neue quadratische Quartiere aus Holz und mit Tüchern zum Verstecken eingebaut. Sie werden bereits von je einem Abendsegler bewohnt. Die Tiere sind durch einen Unfall mit einem Auto flugunfähig geworden. „Die Lockrufe, die sie aussenden, sollen ihren Artgenossen signalisieren: Hier ist es warm, sicher, trocken und es gibt zu Fressen. Da die Tiere nur in ihrem Quartier wohnen, kommen sie in den übrigen Dachboden nicht hinein. So kann ihr Zuhause auch leicht gesäubert werden“, beschreibt Reiner Erben das Fledermaus-Projekt, zu dem auch die neuen Fledermauskästen am Herrenbach und die neuen Quartiere in Baumhöhlen im Stadtwald gehören.

Die Stadt arbeitet dabei mit dem Fledermausschutz Augsburg e.V. zusammen. Claudia Weißschädel ist ehrenamtliche Mitarbeiterin und Ansprechpartnerin für gefundene oder geschwächte Fledermäuse im Raum Augsburg: „Viele einheimische Fledermausarten sind vom Aussterben bedroht, deshalb setzen wir uns ganz praktisch für die Tiere ein. Wir erkunden und schützen Fledermausvorkommen, pflegen verletzte oder junge Fledermäuse und beraten Personen, die Fledermausquartiere haben.“

Fledermäuse werden durchgängig betreut
Auch die beiden flugunfähigen Abendsegler wurden auf diese Weise zu „Mitarbeitern“ beim städtischen „Umsiedlungsprojekt“ für Fledermäuse. „Um die beiden Tiere kümmern sich städtische Betreuer ganz toll. Wir stehen miteinander in Kontakt und können alles Notwendige besprechen. Zu ihrer Unterstützung übernehmen wir ehrenamtliche Fledermausschützer am Wochenende und an Feiertagen dann die Fütterung und säubern die Kästen. Die Abendsegler erhalten zudem einmal wöchentlich eine Gabe von Vitaminen und auch ein Gesundheitscheck wird durchgeführt“, so Weißschädel.
Die Experten des Fledermausschutz-Vereins bezeichnen die Vorgehensweise, Fledermäusen mit Lockrufen von Artgenossen neue Quartiere zu verschaffen, als „etwas ganz Besonderes und in Augsburg in jedem Fall bislang einzigartig“. Umso größer ist die Hoffnung, dass sich die beiden Stadt-Fledermäuse schon bald in zahlreicher Gesellschaft ihrer Artgenossen befinden.

Große Gefahr durch gekippte Fenster
Wissenswert über Fledermäuse ist, dass sie sehr neugierig sind und sich dadurch leider oft in große Gefahr bringen. Wie der Fledermausschutz Augsburg e.V. weiß, fliegen sie in der Augsburger Innenstadt häufig über gekippte Fenster in ein Gebäude hinein, können bei gekippten Fenstern aber nicht mehr hinausfliegen. Wenn die Tiere nicht rechtzeitig gefunden werden, verdursten sie. Auch können Fledermäuse durch Hunger und Kälte geschwächt sein, wenn sie verletzt am Boden liegen und nicht weiterfliegen. Beim Fällen von Bäumen, renovieren eines Dachstuhls, oder durchstöbern eines Kellers können Fledermäuse gestört, aufgeschreckt, verletzt oder gar getötet werden. Bei Fragen, was in solchen Fällen zu tun ist, gibt es Hilfestellung und Infos unter www.fledermausschutz-augsburg.de.